Lesetipp: Gender-Ideologie!?

Gerhard Marschütz, Gender-Ideologie?!
Eine katholische Kritik
Echter: Würzburg 2023
ISBN 978-3-429-05841-8
29,- EUR

Von Gender-Mainstreaming, Gender-Studies und Gender-Ideologie ist die Rede. Was „Gender“ allerdings genau sein soll, ist dabei oft nicht klar. Viele denken bei „Gender“ (nur) an das sprachliche GenderN, das mehr als einem Geschlecht Ausdruck gibt. Um dieses Gendern geht es in Marschütz‘ Buch nur am Rande. Er bietet solide Informationen zur Begriffsklärung und zu verschiedenen Ansätzen sowohl von Gender-Theorien als auch von Gender-Ideologie-Kritik. Es geht also um noch Grundsätzlicheres als um Formulierungen!

Das erste Kapitel bietet einen Überblick über Kritik an sogenannter Gender-Ideologie durch die Päpste Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus. Es erläutert den naturrechtlichen Ansatz des römischen Lehramts. Auch die Anti-Gender-Literatur von Birgit Kelle und Gabriele Kuby wird skizziert. Sodann setzt sich Marschütz mit der Philosophin Judith Butler auseinander. Butler zeichnet sich nicht gerade als Autorin leicht verständlicher Texte aus. Marschütz gelingt es, ihre Grundsätze so einfach wie möglich zu erläutern. So wird deutlich: Judith Butler geht es um Erkenntnistheorie im Dienste der Machtkritik. Diesen erkenntnistheoretischen Ansatz verfehlen viele ihrer Kritiker und Kritikerinnen und agieren auf einer ganz anderen Ebene. Marschütz zeigt zudem Motive fundamentalistischer und rechtspopulistischer Kritik an sogenannter Gender-Ideologie auf. Das letzte Kapitel bietet weiterführende Perspektiven: Marschütz postuliert einen „Primat der Liebe“. Wo zuerst der einzelne Mensch gesehen werde, fühle er / sie sich gewürdigt. Entscheidend für den weiteren Weg der katholischen Kirche sei ihr Umgang mit den Menschenrechten.

Wer auf der Suche nach Orientierung ist und die Auseinandersetzung mit philosophischen Ansätzen nicht scheut, der seien die 240 Seiten wärmstens empfohlen. Marschütz schreibt wissenschaftlich seriös, intellektuell redlich – und oft mit feinem Humor!

Hildegard Gosebrink